Winston befindet sich im Ministerium für Liebe in einer hellen weißen Zelle ohne Fenster. Da das grelle Licht nie ausgeschaltet wird, verliert er dort das Gefühl für Zeit. Außerdem wird er von vier Teleschirmen beobachtet und darf sich nicht bewegen.
In einem Rückblick wird erzählt, was geschehen ist, bevor Winston in die Zelle gekommen ist: Er ist in einem dunklen, mit Menschen überfüllten Gefängnis gewesen, das ebenfalls von Telemonitoren bewacht wurde. Dort waren sowohl gewöhnliche Verbrecher als auch politische Gefangene der Partei. Winstons ehemaliger Arbeitskollege, der Dichter Ampleforth, wird hereingebracht – auch er hat sich des Verrats schuldig gemacht, weil er in einer Gedichtanpassung an die Neusprechregeln in einer Verszeile das Wort »Gott« stehengelassen hat. Kurze Zeit später wird er in Raum 101 verwiesen.
Als nächstes wird Parsons in die Zelle gestoßen, der von seiner siebenjährigen Tochter verraten wurde: Er hat im Schlaf »›Nieder mit dem Großen Bruder!‹« (318) gemurmelt und damit ein Gedankenverbrechen begangen. Immer wieder kommen andere Gefangene in den Raum, von denen manche in den Raum 101 weitergeschickt werden.
Schließlich ist Winston eine lange Zeit allein in der Zelle. O’Brien kommt herein und entpuppt sich ebenfalls als Mitglied der Gedankenpolizei. Er erklärt Winston, dass dieser immer schon gewusst habe, dass es so enden würde. Daraufhin schlägt eine Wache Winston mit einem Schlagstock auf den Ellbogen, sodass Winston sich vor Schmerzen auf dem Boden windet.
Winston erwacht, festgebunden auf einem Feldbett. Seit dem Schlag auf den Ellbogen ist er ununterbrochen gefoltert und endlosen Verhören ausgesetzt worden. Dabei hat er alle Geständnisse abgelegt, die die Partei von ihm hören wollte. Eine lange Zeit hat Winston weder Gefühl für die Zeit noch für den Raum und versteht kaum, was mit ihm geschieht. Er erlebt Folter, ärztliche Untersuchungen, künstlichen Schlaf und körperliche Demütigungen durch hohe Parteimitglieder.
Winston erkennt, dass O’Brien ihn seit sieben Jahren beobachtet hat und bestens über ihn Bescheid weiß. O’Brien erklärt, dass er ihn »gesund« machen wolle und unterzieht ihn einer Gehirnwäsche. Dazu benutzt er ein Gerät, das durch abgestufte Schmerzwellen Todesangst verursacht. Am Ende solle Winston den Großen Bruder lieben und einsehen, dass die Partei das Recht habe, über die Realität zu entscheiden. Erst dann würde er irgendwann erschossen werden. Es wäre wichtig, nicht nur den Körper der Gegner zu töten, sondern zuvor ihren Geist. Dieser müsse vollständig unterworfen werden, sodass es keine Märtyrer gebe. Er erklärt, dass Julia bereits so weit gebracht worden wäre und die Liebe zu Winston verleugnet habe.
Obwohl O’Brien Winston der Folter und Gehirnwäsche unterzieht, fühlt Winston trotzdem immer noch Vertrautheit und Respekt in seiner Gegenwart.
Laut O’Brien gibt es drei Stufen für Winstons Wiedereingliederung: Lernen, Verstehen und Akzeptieren. Im dritten Kapitel wird Winston weiter gefoltert. O’Brien klärt ihn über die wahren Ziele der Partei auf, die das reine Erreichen von Macht sind. Die Partei habe selbst Goldsteins Buch verfasst, weshalb die Hoffnung auf eine Rebellion vergebens sei.
Winston widerspricht ihm immer wieder und ist der Ansicht, dass der menschliche Geist die Partei am Ende überwinden wird. O’Brien bezeichnet ihn als den letzten Menschen und bringt ihn dazu, sich auszuziehen und in einem Spiegel anzusehen. Winston sieht, dass er gebrochen ist, doch er beharrt darauf, noch immer Julia nicht verraten zu haben. O’Brien bemerkt, dass er ein schwieriger Fall sei, dass es jedoch trotzdem gelingen würde, ihn zu heilen und am Schluss zu erschießen.
Nachdem in Kapitel 10 die Bedeutung des Kinderreims und die wahre Identität von Mr. Charrington entschlüsselt wurde, rückt jetzt Winstons vergangener Traum in den Vordergrund. Gleich zu Beginn des Dritten Teils wird klar, was mit dem »Ort ohne Dunkelheit« gemeint war: In der Zelle im Ministerium für Liebe gibt es keine Fenster und stattdessen nur eine dauerhafte Beleuchtung mit weißem Licht: »Er wusste instinktiv, dass an diesem Ort das Licht niemals ausgehen würde. Es war der Ort ohne Dunkelheit« (312).
Winstons Naivität, an ein besseres Leben zu glauben, wird noch deutlicher unterstrichen, als O’Brien sich ebenfalls als Mitglied der Gedankenpolizei entpuppt. Hier kann man den vermutlich überraschendsten Plottwist des Romans ausmachen. Obwohl O‘Brien bemerkt, dass Winston es schon immer gewusst hat und auch Winston das in diesem Moment klar wird, hat er dieses Wissen immer zurückgedrängt. Seine Gedanken und Träume waren voll mit Vorahnungen, die er jedoch falsch deutete oder vielleicht sogar falsch deuten wollte.
Die Szenen im Ministerium für Liebe sind von einer grafischen Sprache geprägt, die dem Leser die Schmerzen und die Folter der Gefangenen genau vor Augen führt. Orwell lässt nichts aus, um zu veranschaulichen, wie menschenunwürdig die Insassen behandelt werden. Dadurch wird Horror, aber auch starkes Mitgefühl beim Leser erzeugt. Es wird außerdem deutlich, dass man Winston trotz seiner offenen Rebellion nicht wirklich als Held des Romans bezeichnen kann. Er erkennt selbst: »Unter Schmerzen gibt es keine Helden« (325) und unterstreicht damit die Aussichtslosigkeit der Situation.
Es gibt deutliche Parallelen zu realen Verhörsituationen beispielsweise von Gefangenen in der DDR im Ministerium für Staatssicherheit (vgl. Hoffmann/Barth 2019). Orwell zeigt auf, wie gnadenlos und grausam die Folter von Kriegsgefangenen in diktatorischen oder totalitären Systemen sein konnte bzw. immer noch sein kann.
Die Beziehung zwischen O’Brien und Winston ist keine typische Beziehung von Folterer zu Gefoltertem. Winston bewundert O’Brien noch immer und O’Brien behandelt ihn in gewisser Hinsicht respektvoll. Winston hat den Eindruck, er wolle ihn »erlösen«, ihn »vollkommen machen« (331). Das Verhältnis ist ähnlich wie ein Lehrer-Schüler-Verhältnis, was vermuten lässt, dass Orwell aus seiner Zeit in Privatschulen vielleicht eigene Erfahrungen einfließen ließ. Es lässt auch Parallelen zu einer Vater-Sohn-Beziehung zu: »Einen Moment lang klammerte er sich wie ein Baby an O’Brien, fühlte sich sonderbar getröstet von dem schweren Arm um die Schulter« (340). O’Brien lässt sich nicht in einem Wort definieren. So erinnert er auch an einen Priester, worauf u. a. sein katholischer Name verweist (BBC Four 2003: ca. bei Min. 20:00–23:00).
Realität, Wahrnehmung und Doppeldenk stehen im Zentrum der Diskussionen von Winston und O’Brien. Zum Schluss wird die Frage aufgeworfen, ob der Große Bruder und die Bruderschaft um Goldstein tatsächlich existieren. Die Antwort liegt im Doppeldenk begründet: Sie tun es und sie tun es nicht. Niemand hat sie je gesehen, aber das muss man auch nicht, denn wenn die Partei die Realität kontrolliert, dann ist sie auch dazu imstande, Menschen zu erschaffen und wieder zu vernichten (Stichwort »vaporisieren«). Beide Größen sind Symbole für die unterschiedlichen politischen Ziele (siehe auch Figuren), auf die sich die Gefühle der Menschen projizieren können: Hass auf Goldstein und Liebe für den Großen Bruder.
Veröffentlicht am 31. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 31. Juli 2023.